In der Welt der beruflichen Beziehungen gilt das Prinzip: “Drum prüfe, wer sich ewig bindet…” Bei der Wahl neuer Teammitglieder geht es zwar nicht ums ganze Leben, doch die Entscheidung trägt weitreichende Folgen.
Du als Arbeitgeber und potenzielle Kandidat:in habt die Gelegenheit, euch gegenseitig kennenzulernen und festzustellen, ob die Chemie stimmt.
Das Bewerbungsgespräch nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein – der Dreh- und Angelpunkt des Auswahlprozesses.
In diesem Leitfaden, speziell für HR-Experten und Führungskräfte, nehmen wir dich mit in die Kunst des Bewerbungsgesprächs. Hier geht es nicht um gewöhnliche Fragen, sondern darum, wie du die Essenz deiner Bewerber:innen einfangen kannst.
Was bedeutet Bewerbungsgespräch führen?
Bewerbungsgespräche führen bezieht sich auf den strukturierten Dialog zwischen Arbeitgebern und potenziellen Bewerber:innen im Rahmen eines Vorstellungsgesprächs.
Hierbei werden nicht nur fachliche Fähigkeiten erörtert, sondern auch die Persönlichkeit, Motivation und Passung der Bewerber/ Bewerberin zum Unternehmen bewertet.
Es ist eine Chance, über das übliche Bewerbungsdokument hinauszugehen und ein umfassenderes Bild der Bewerber:innen zu erhalten.
Ziel eines Bewerbungsgesprächs
Das Ziel eines Bewerbungsgesprächs ist es, Bewerber:innen und Arbeitgeber die Möglichkeit zu geben, sich gegenseitig kennenzulernen.
Hierbei wird herausgefunden, ob eine menschliche und fachliche Übereinstimmung besteht und die Erwartungen beider Seiten, die im Vorfeld oft in Teil der Vorstellungsgespräche erörtert wurden, erfüllt werden können.
Besonders wichtig ist, dass die Interaktion auf Augenhöhe erfolgt. Ein Bewerbungsgespräch sollte eher wie ein gegenseitiges Kennenlernen wirken, vergleichbar mit Dating, anstatt einer einseitigen Befragung von oben herab.
In Fachberufen liegt die Macht oft bei den Bewerber:innen, weshalb Unternehmen sich bei ihnen “bewerben” müssen, wie Jan-Lütje Thoden von Start To Finish betont.
Bewerbungsgespräche sind kein Stresstest
Bewerbungsgespräche dienen nicht als „Test“, in dem Bewerber:innen ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen müssen.
Warum nicht? „Sie suchen jemanden, der zur Stelle passt – nicht jeder Job erfordert 90 Minuten Gesprächsfähigkeit“, erläutert Thoden.
Die Präsentationsfähigkeiten sind oft weniger relevant. Zudem sind solche Situationen meist nervenaufreibend.
Der Rat, Kandidat:innen durch Stressfragen zu setzen, ist verbreitet. Doch das Gegenteil ist effektiver: Schaffe eine entspannte Atmosphäre, um sich wirklich kennenzulernen – ein wichtiger Teil des Gespräch-Ablauf und der Vorbereitung.
(Für fachliche Prüfungen eignen sich andere Formate besser: z.B. Testaufgaben oder Probearbeitstage mit dem Team.)
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Die richtige Vorbereitung
Die korrekte Vorbereitung ist entscheidend, wobei eine wichtige Frage im Mittelpunkt steht: Was möchtest du von deinem potenziellen Kandidaten erfahren?
Es ist wichtig zu betonen, dass die Verantwortung für den Auswahlprozess zwischen der Personal- und Fachabteilung geteilt wird.
Die Fachabteilung versteht die genauen Anforderungen der Position, da die zukünftigen Teammitglieder dort arbeiten werden.
Daher ist ihre Beteiligung an jedem Schritt unerlässlich. Die Personalabteilung bietet Unterstützung und Coaching für die Fachabteilung, während sie den Prozess koordiniert. Im Rahmen der Vorbereitung sollten folgende Schritte unternommen werden:
Teilnehmende
Im Bewerbungsgespräch sind normalerweise das direkte Gegenüber des Kandidaten, also die Führungskraft, und häufig jemand aus der Personalabteilung beteiligt.
Gelegentlich nimmt auch ein Mitglied des fachlichen Teams teil. Dennoch sollte die Teilnehmerzahl 2-3 Personen nicht überschreiten, um die Kandidat:innen nicht zu überfordern.
Eine Alternative ist, mehrere separate Gespräche zu planen.
Bewerbungsunterlagen
Als Recruiter ist es wichtig, diese sorgfältig zu prüfen. Nimm dir Zeit, um deine Bewerbung und deinen Lebenslauf aufmerksam zu lesen.
Mache dir Notizen zu Punkten, die du im Gespräch gezielt ansprechen möchtest. Dies hilft, ein strukturiertes und zielgerichtetes Gespräch zu führen.
Gesprächsleitfaden
Erstelle einen Gesprächsleitfaden mit Fragen, um eine strukturierte Basis zu haben. Weiter unten findest du Empfehlungen für wirkungsvolle Fragen, die du verwenden kannst.
Raum
Wenn du das Bewerbungsgespräch richtig führen möchtest, ist der Raum von Bedeutung. Wähle einen hellen, freundlichen, gut gelüfteten und ruhigen Ort aus.
Ein Büro oder Konferenzraum sind zwar gängige Optionen, aber auch die Pausenlounge oder bei gutem Wetter die Terrasse sind geeignet.
Falls du das Gespräch per Videokonferenz abhältst, achte auf einen ansprechenden Hintergrund und ausreichende Beleuchtung für dein Gesicht.
Kleidung
Egal, ob du Personaler oder Unternehmer bist, deine Kleidung spielt eine entscheidende Rolle. Sie sollte zur Position und zur Firmenkultur passen.
Als Faustregel gilt: Wähle im Zweifel eine etwas formellere Kleidung als an einem normalen Arbeitstag, um einen professionellen Eindruck zu hinterlassen.
Kandidat:innen erinnern
Schau in deinem Fragenkatalog für das Bewerbungsgespräch nach. Bestätige den Gesprächstermin ein oder zwei Tage vorher per E-Mail.
Schicke eine Anreisebeschreibung und andere relevante Informationen mit. Zeige deine Vorfreude darauf, dich bald persönlich kennenzulernen.
All diese Schritte findest du in deiner Checkliste für das Bewerbungsgespräch. So gehst du bestens vorbereitet ins Gespräch.
Ablauf und Phasen eines Bewerbungsgesprächs
Begrüßung und Einführung
Wenn du dich bereit machst, das Gespräch zu beginnen, ist eine freundliche Begrüßung der beste Anfang. Etwas Smalltalk kann die Atmosphäre auflockern und die Aufregung dämpfen.
Erkläre kurz, wer das Gespräch leiten wird, wie lange es dauert und den groben Ablauf. Alle Anwesenden sollten sich kurz vorstellen.
Danach kannst du das Unternehmen und seine Aktivitäten vorstellen. Dies schafft eine angenehme Grundlage für das Gespräch.
Gespräch
Du legst bestimmte Themenbereiche und Fragen fest, lässt aber gleichzeitig Raum für eine flexible Entwicklung des Gesprächs. Behalte im Hinterkopf, nicht zu viel zu sprechen – schließlich möchtest du die Kandidat:innen kennenlernen.
Folgende Themenblöcke solltest du in Bewerbungsgesprächen behandeln:
- Bisherige Stationen und Erfahrungen
- Persönlichkeit und Motivation
- Fachkenntnisse und Arbeitsweise
- Anforderungen der Position
- Konditionen der Position
Fragerunde
Während unseres Gesprächs hast du natürlich die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Zum Abschluss gebe ich dir gerne nochmals ausdrücklich die Gelegenheit dazu.
Gute Bewerber:innen haben oft vorbereitete Fragen, die sie stellen möchten. Dies zeigt nicht nur dein Interesse, sondern auch eine proaktive Herangehensweise deinerseits.
Abschluss und Verabschiedung
Jetzt nähern wir uns dem Ende. Ich möchte mich bei dir für das Gespräch bedanken. Lass uns die nächsten Schritte besprechen:
Was passiert als Nächstes? Gibt es weitere Gespräche oder Auswahlverfahren? Wann kannst du eine Rückmeldung erwarten? Dein Zeitplan ist ebenfalls wichtig, da viele sich bei mehreren Unternehmen bewerben.
In kleineren Unternehmen könnte ich dir zum Abschluss einen kurzen Rundgang durch unsere Räumlichkeiten anbieten und dich kurz mit Kolleg:innen bekannt machen.
Ein kleines Geschenk, das zu unserem Unternehmen passt, könnte einen positiven Schlusspunkt setzen.
Wichtige Fragen für das Vorstellungsgespräch
Doch bevor ich diese teile, lass uns einen Moment innehalten. Wenn ein Bewerbungsratgeber dir Fragen wie “Warum hast du dich bei uns beworben?” oder “Was ist deine größte Schwäche?” empfiehlt, dann möchte ich, dass du diese Empfehlungen beiseitelegst.
Warum? Weil es bei den Fragen nicht darum geht, vorbereitete Antworten zu hören.
Das Ziel dieser Fragen ist es, wirklich etwas über dich herauszufinden – deine Persönlichkeit und deine Motivation. Lasst uns nun zu den wirkungsvollen Fragen übergehen.
Hintergrund & Motivation
- Wie bist du zu deinem gewählten Thema gekommen?
- Was begeistert dich daran?
- Wie siehst du die Entwicklung des Themas in den nächsten 5-10 Jahren?
- Wie trägst du dazu bei, das Leben anderer Menschen zu verbessern?
- Wenn dir 5 Millionen Euro zur Verfügung stünden, wie würdest du sie einsetzen?
- Welche persönlichen oder beruflichen Ziele verfolgst du und wie gehst du dabei vor?
Der vorige Job
- Beschreibe einen normalen Arbeitstag in deinem bisherigen Job.
- Was waren deine Hauptaufgaben?
- Erzähle von einer Sache, die dir besonders gut gelungen ist. Auf welche Erfolge bist du stolz?
- Was mochtest du besonders an deinem bisherigen Job? Was wirst du nicht vermissen?
- Stell dir vor, du wärst Chef:in deines alten Unternehmens – was würdest du sofort ändern?
Arbeitsweise
- Wie organisierst du deinen Arbeitstag?
- Welche Software oder Hilfsmittel sind für deine Arbeit unverzichtbar?
- Welche drei Aufgaben in deinem Job bereiten dir am meisten Freude?
- Arbeitest du lieber allein oder im Team?
- Wie sähe dein idealer Arbeitstag aus?
- Wie würdest du dir das ideale Team vorstellen, in dem du arbeiten möchtest?
Der neue Job
- Was hat dich an diesem Jobangebot am meisten angesprochen?
- Wie stellst du dir die Arbeit bei uns vor? Was wird sich im Vergleich zu deinem bisherigen Job ändern?
- Welche Erwartungen hast du an einen Wechsel zu uns?
- Deine Hauptaufgaben bei uns wären X und Y: Wie würdest du diese angehen?
- Welche Erwartungen hast du an deine Führungskraft? Welche Art von Unterstützung wünschst du dir?
Schwächen und Stärken der Bewerber:innen herausfinden
Direkte Fragen nach Schwächen und Stärken führen oft zu vorbereiteten Antworten. Stattdessen sollten wir nach konkreten Situationen oder Erfahrungen fragen, in denen sich diese Eigenschaften gezeigt haben.
Beispiel:
- Wie organisierst du einen normalen Arbeitstag? Wie planst du deine Aufgaben?
- Stell dir vor, du bekommst ein Projekt mit knapper Abgabefrist. Wie gehst du vor?
Oder für Problemlösungsfähigkeiten:
- Beschreibe, wie du in deinem letzten Job ein dringendes Problem gelöst hast und mit welchem Ergebnis.
- Stell dir vor, morgen passiert etwas Unerwartetes. Was würdest du tun?
Solche offenen, tiefgehenden Gespräche sind entscheidend. Wenn Bewerber:innen nicht ins Detail gehen, frage gezielt nach:
- “Kannst du das bitte genauer beschreiben?”
- “Kannst du ein konkretes Beispiel nennen?”
- “Kannst du die wichtigsten Punkte zusammenfassen?”
Jemand kann behaupten, teamfähig oder motiviert zu sein. Aber konkrete Beispiele sind aussagekräftiger. Jede Position und jede:r Kandidat:in ist einzigartig. Bereite dich vor, überlege relevante Stärken und Schwächen für die Position und entwirf gezielte Fragen, um diese zu enthüllen.
Bewerbungsgespräch nachbereiten
Jetzt schauen wir auf die Nachbereitung des Gesprächs:
- Dokumentiere und analysiere das Gespräch direkt im Anschluss, solange die Eindrücke noch frisch sind.
- Notiere wichtige Kriterien und Punkte, die für oder gegen Kandidat:innen sprechen. Diese Aufzeichnungen helfen später beim objektiven Vergleich.
Halte dich an den Zeitplan, den du im Gespräch zugesagt hast. Egal ob Zusage oder Absage: Informiere Kandidat:innen so bald wie möglich. Falls sich deine Entscheidung verzögert, halte sie auf dem Laufenden.
Erinnere dich: Menschen erinnern sich meistens an das Ende einer Sache. Dein Verhalten am Ende des Auswahlverfahrens prägt das Bild, das Bewerber:innen von dir haben. Es beeinflusst, ob sie dich – trotz einer Absage – als Arbeitgeber weiterempfehlen und vielleicht in Zukunft erneut bei dir bewerben.
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